Deutsche BauZeitschrift – die Architekturfachzeitschrift (2024)

„Er hatte einen Traum“, könnte die Überschrift des Artikels zu dem Projekt Upper West an der Berliner Gedächtniskirche auch gut lauten, denn Architekt Christoph Langhof hatte bereits Anfang der 1990er-Jahre die Vision eines Hochhauses an diesem Standort. „Erich Kästner hat einmal gesagt, gute Ideen durchlaufen drei Phasen: In der ersten werden sie ausgelacht, in der zweiten bekämpft und in der dritten als selbstverständlich beste Lösung gepriesen. So erging es mir mit der Hochhaus-Idee des Upper West“, erzählt Langhof über die Geschichte des Projekts. Es bedurfte eines langen Atems und vieler Zwischenschritte, bis schließlich im Frühjahr 2017 das Motel One, als ein Nutzer des Gebäudes, seine ersten Gäste im Upper West in Empfang nehmen konnte. Zur Realisierung des Projekts zog der Bauherr STRABAG Real Estate GmbH KSP Jürgen Engel Architekten hinzu. Das Büro LANGHOF war neben dem Städtebau für die Fassadenplanung verantwortlich.

„Es handelt sich aber nicht um einen reinen Hotelkomplex“, erläutert Sebastian Schöll, Geschäftsführer und Partner des Architektur­büros KSP Jürgen Engel Architekten aus Frankfurt am Main, das für die Entwurfs- und Objektplanung zuständig war. „Das Konzept fußt auf der Idee des Hybridhochhauses. Hybrid bezieht sich dabei auf die Nutzung und kombiniert in diesem Fall die Hotelnutzung mit Büro-, Einzelhandels- und Gastronomieflächen. Das belebt den Standort und bindet das Gebäude städtebaulich sehr gut ein.“ Die Retailflächen sitzen vornehmlich im achtgeschossigen Riegelgebäude am Breitscheidplatz und verteilen sich auf drei Geschosse. Im ersten Ober­geschoss schieben sich die Verkaufsflächen auch in die Hochhauskubatur hinein. Das 1. bis 18. Obergeschoss des Hochhauses sind ansonsten ausschließlich von der Hotelnutzung belegt, die Ebenen 19 bis 32 sind reine Büroflächen. Auf dem Dach thront die 1 000 m2 große Skybar mit Platz für etwa 300 Gäste und einem beeindruckenden Ausblick über Berlin.

Das Fassadenkonzept

Eine wesentliche Grundidee der Hochhausfigur ist die Transformation der Form von den unteren zu den oberen Stockwerken: Während sich das Gebäude in der Basis also kantig und rechteckig zeigt, lösen sich diese harten Kanten nach oben immer stärker zugunsten von Rundungen und Schwüngen auf. Zudem scheint sich der Komplex optisch in zwei Türme zu gliedern. In Wirklichkeit handelt es sich jedoch um Einschnürungen, die so im Gesamtbild für angenehme Proportionen sorgen. Diese Kubatur des Gebäudes stand schon sehr lange fest und wurde bereits 2005 genehmigt. Neu ist die Gestaltung der Fassade.

„Die Idee war, die Fassade wie ein dreidimensionales Kleid über die Gebäudeskulptur zu legen, ohne diese zu zerstören“, erklärt Claudia Quester, Projektleiterin im Büro LANGHOF. Und tatsächlich scheint, gerade auf größere Entfernung, die Fassade wie ein Netz über dem Gebäude zu liegen, dessen Gitterlinien scheinbar leicht vor dem Auge tanzen und die Ansicht fast wie eine Collage wirken lassen. Die Fassadengestaltung hat eine erstaunlich lockere Ausstrahlung und reduziert so die Mächtigkeit, die ein Hochhaus haben könnte. Je geringer die Distanz vom Betrachter zum Gebäude, desto deutlicher wird aus dem Netz eine aus Elementen zusammengesetzte Fläche aus L-förmigen Modulen unterschiedlicher Breite und geschossweise unterschiedlicher Höhen. „Wir mussten an der Fassade verschiedenste
Anforderungen auf Grund der Nutzun­gen, aber beispielsweise auch auf Grund des Flugverkehrs berücksichtigen“, so Fassadenplanerin Claudia Quester. „Wie haben uns dann entschieden, an einer Fassade den notwendigen Radarschutz durch ein leichtes Kippen der Elemente zu gewährleisten, da hier der Einsatz von Wolframfäden nicht ausgereicht hätte.“ Die leichten Verschiebungen sorgen dabei nicht nur für den tanzenden Betrachtungseffekt, sondern auch für das Spiel mit Licht und Schatten und die Wirkung vertikaler und horizontaler Schattenfugen. Dennoch war es wichtig, dass zwischen den geraden und den gekrümmten Flächen kein Schnitt erzeugt wurde. „In der ursprünglichen Variante hatte das Gebäude eine reine Glasfassade, so dass man mit gekrümmten Flächen hätte arbeiten können, um so die Glattheit der geraden Flächen auf die gekrümmten zu übertragen. Allein aus energetischen Gründen werden Nurglasfassaden heute aber nicht mehr realisiert“, so Langhof. „Zudem wäre dies, auch mit anderen Materialien, ohne einen zu starken gestalterischen Bruch nicht im vorgegeben Kostenrahmen möglich gewesen. So entschieden wir uns dafür, den Spieß umzudrehen und im Sinne der Einheitlichkeit der Oberfläche, auch an den geraden Flächen
einen schuppigen Charakter aus vorgefertigten Aluminium-Elementen herzustellen.“

Die Elemente

Gefertigt wurden die Elemente aus weiß eloxiertem Aluminium. An den entscheidenden Stellen sind sie mit Steinwolle gedämmt, wodurch für die notwendige Brandsicherheit gesorgt ist.

In die L-förmigen Metallelemente wurden bereits in der Vorfertigung die Ver­glasungen eingearbeitet. Auf der Baustelle mussten die kompletten Elemente nur noch an die auf den Betondecken verschraubten Konsolen ein­gehängt und fixiert werden. In jedem zweiten
Element verbirgt sich ein Lüftungsschlitz, so dass es möglich ist, hier die vertikale opake Fläche von innen zu öffnen und diese an Stelle eines Fensterflügels zum Lüften zu nutzen.

In den Bürogeschossen des Hochhauses wurden zudem Sonnenschutzelemente aus Edelstahllamellen integriert. Der gewählte Behang wird zum einen den erhöhten Windbelastungen des Hochhauses gerecht und dunkelt zum anderen den Raum nicht vollständig ab, so dass weiter Sichtkontakt nach außen besteht.

Die Aluminiumelemente, die der Figur eines umgedrehten L entsprechen, sind an ihrer Oberseite, dem Sims des darüber liegenden Fensters, so ausgebildet, dass das anfallende Regenwasser nach innen abläuft,
wo es in einem kaskadenförmigen Rinnensystem abgeführt wird.

Wichtig war dem Bauherrn eine möglichst simple Fassade, die wenig Anfälligkeiten und Wartungsaufwand mit sich bringt. Für die Reinigung ist eine Befahranlage mit zwei unterschiedlich großen Gondeln vorgesehen, so dass von der kleineren Gondel aus auch die relativ engen Innenkurven der Einschnürungen per Hand gereinigt werden können.

Der Riegel

Für eine ganz andere Fassadengestaltung entschieden sich Architekten und Bauherr für das Riegelgebäude am Breitscheidplatz. Mutig und selbstbewusst präsentiert sich das deutlich kleinere Gebäude mit einer an sich einfachen Fensterfassade, die aber durch stark modellierte Konchen aus Faserbeton, sowie messingfarbene und schwarze Aluminiumprofile stark an die Art-Deco-Gestaltung der vorletzten Jahrhundertwende erinnert. Die messingfarbenen Zierelemente sind dabei aus massivem Aluminium gefertigt worden, da sie in zwei Richtungen geschwungen und an der Spitze stark gekrümmt werden mussten. Diese Form hätte aus Blech nicht hergestellt werden können.

Offensichtlich ganz besonders war in diesem Projekt die intensive und partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen den beiden beteiligten Architekturbüros und dem Bauherrn. Frühzeitig waren alle Beteiligten an einen Tisch geholt worden, um in einem konstruktiven Miteinander die technisch, ökonomisch und ästhetisch beste Lösung zu finden, die dann von der sehr guten Fassadenfirma Dobler Metallbau GmbH umgesetzt werden konnte.

Nina Greve, Lübeck

Baudaten

Objekt: Upper West
Standort: Kantstraße 163 – 165, 10623 Berlin
Typologie: Hybridhochhaus mit EZH, Hotel-,
Büro-, Gastronomienutzung, Tiefgarage
Bauherr: Atlas Tower GmbH & Co. KG c/o
STRABAG Real Estate GmbH
Nutzer: Hotel – Motel One; Büro – WeWork, SIGNA, CONTORA Office Solutions, GÖRG; Einzelhandel – Görtz
Architekten: Entwurfsverfasser: Langhof ®, Berlin, www.langhof.com und KSP Jürgen Engel Architekten, Frankfurt a.M., www.ksp-architekten.de
Städtebaulicher Entwurf: Langhof ®
Entwurfs- und Objektplanung: KSP Jürgen Engel Architekten
Fassadenplanung: Langhof ®

Team LANGHOF: Christoph Langhof, Claudia Quester
Team KSP Jürgen Engel Architekten: Jürgen Engel, Sebastian Schöll (TL), Benjamin Agyemang, Sylvie Duvoisin, Hannah Schulz, Eleni Sougaris, Christian Thomsen, Gabriele Wischeropp (PL)
Bauleitung: Ed. Züblin AG, Stuttgart, www.zueblin.de
Generalunternehmer: Ed. Züblin AG
Bauzeit: März 2013 – März 2017

Fachplaner

Tragwerksplaner: Ed. Züblin AG, www.zueblin.de
TGA-Planer: HKLS: GTB-Berlin „Gesellschaft für Technik am Bau mbH, Berlin, www.gtb-berlin.de;

ELT: enuTEC Energietechnik und Umweltmanagement GmbH, Oranienburg, www.enutec.de
Bauphysik: DS-Plan GmbH, Stuttgart, www.ds-plan.com
Fassadentechniker: Ed. Züblin AG
Lichtplaner: Kardorff Ingenieure Lichtplanung GmbH, Berlin, www.kardorff.de
Innenarchitekt: CRAMER NEUMANN I ARCHITEKTEN, Berlin, www.cn-architekten.de
Akustikplaner: DS-Plan GmbH
Energieplaner: DS-Plan GmbH
Energieberater: DS-Plan GmbH
Brandschutzplaner: hhpberlin Ingenieure für Brandschutz GmbH, Berlin, www.hhpberlin.de

Projektdaten

Grundstücksgröße: ca. 3 400 m²
Brutto-Grundfläche: 67 000 m²
Brutto-Rauminhalt: 609 170 m³

Hersteller

Heizung: REHAU, www.rehau.com;
Jaga Deutschland GmbH, www.jaga-deutschland.de
Lüftung: LTG Air Tech Systems, www.ltg.de;
Trox GmbH, www.trox.de
Sanitär: ACO Passavant GmbH,
www.aco-haustechnik.de
Zutrittssysteme: enuTEC Energietechnik und
Umweltmanagement GmbH, www.enutec.de
Bewässerung: SANHA GmbH & Co. KG,
www.sanha.com
Druckbelüftung: Strulik GmbH, www.strulik.com

Deutsche BauZeitschrift – die Architekturfachzeitschrift (2024)

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